12. September 2017, aktualisiert 13. September 2017

Inhalt: Nachhaltige Finanzwirtschaft in den Programmen zur Bundestagswahl 2017; Bank für Sozialwirtschaft mit neuem nachhaltigen Aktienfonds; in eigener Sache: FinanzBlogAward 2017

Die Beiträge in „Nachhaltigere Finanzwirtschaft“ fassen in loser Folge relevante Nachrichten zusammen, die für sich (noch) nicht mit einem Beitrag im Blog aufgegriffen wurden, aber auf die Entwicklung hin zu einem „Mehr“ an Nachhaltigkeit im Finanzsektor hinweisen.

 

Bundestagswahl 2017: Nachhaltige Finanzwirtschaft nicht im Fokus der großen Parteien

Das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) hat die Parteien vor der Bundestagswahl 2017 nach ihren Positionen zur nachhaltigen Finanzwirtschaft befragt. Die FNG-Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2017 zeigen dabei ein trauriges Bild. Deutschland präsidiert zwar die Nachhaltigkeit, in den Parteiprogrammen findet sich von mehr Nachhaltigkeit in der Kreditwirtschaft wenig.

Das Südwind Institut kommt im Parteiencheck leider auch zu keinem optimistischerem Ergebnis:

  • CDU/CSU schätzen die von ihnen unterstützten Gesetze für weitestgehend ausreichend ein. Den Hauptreformbedarf sehen sie in einer erhöhten Proportionalität der Regulierung und fordern daher Ausnahmen für kleine Banken („Small Banking Box“).
  • Die SPD scheint grundsätzlich mit den mitgetragenen Reformen zufrieden. Sie will allerdings den gefährlichen Hochfrequenzhandel eindämmen und wirbt offensiv für eine Finanztransaktionssteuer.
  • Die Linke spricht sich für eine radikale Veränderung der Finanzmarktarchitektur aus, zum Beispiel für eine Vergesellschaftung der privaten Banken, mit starker Betonung der Rolle von Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Zusätzlich strebt die Partei die Einführung eines „Finanz-TÜV“ an, d.h. es werden nur Finanzprodukte zugelassen, die nachweislich keine negativen Auswirkungen auf Gesellschaft oder Verbraucherrechte haben.
  • Bündnis 90/Die Grünen fordern deutlich einfachere, aber härtere Regeln für die Finanzindustrie, damit große Banken weniger Schlupflöcher nutzen können und kleine Banken mit den bürokratischen Anforderungen zurechtkommen. Ein Beispiel ist eine deutlich höhere Eigenkapitalquote, die nicht durch interne Risikomodelle kleingerechnet werden kann, sowie die Offenlegung von Klimarisiken.
  • Die FDP setzt tendenziell eher auf die disziplinierende Kraft des Marktes und will daher Aktionäre und Gläubiger konsequenter in die Haftung nehmen, wenn Banken in Schieflage geraten.
  • Die AfD äußert sich systemkritisch, bleibt aber in ihrer Analyse sehr pauschal und bietet kaum Lösungsvorschläge.

Trauriges Zitat bei der FDP: „ Das Angebot an Finanzprodukten ist bereits sehr vielfältig und schließt heute zahlreiche Produkte ein, die auch  ökologische und soziale Ziele in ihre Geschäftsmodelle integrieren. Letztlich stellt der Finanzsektor über diverse Finanzprodukte Kapital für nachhaltige Projekte und Sektoren, die zur Nachhaltigkeit der Wirtschaft als solche beitragen, zur Verfügung. Entscheiden jedoch Millionen von Kleinanlegern und großen Investoren mit ihrem Nachfrageverhalten darüber, welche dieser Produkte sich in einem fairen Wettbewerb durchsetzen.“ Würden die Anleger sicher gerne machen, wenn es die Produkte in der Breite gäbe. – Erinnert an Henne und Ei…

Passend dazu das Handelsblatt Dossier Nachhaltigkeit vom selben Tag:

Handelsblatt: Politik-Ignoranz kontern…

…fordert Susanne Bergius in ihrem Editorial zum Handelsblatt Business Briefing Nachhaltige Investments vom 8. September 2017 und trifft damit fast gleichzeitig die gleiche Kerbe wie das FNG. Frau Bergius stellt fest: „Als einzige Partei formulieren die Grünen konkrete Ansätze für eine Wende an den Finanzmärkten, damit diese ‚der Gesellschaft und der Realwirtschaft dienen‘.“

Im Artikel „Auf den Zahn gefühlt“ geht Frau Bergius weiter auch mit den Investmentfonds kritisch ins Gericht – völlig zu Recht!

Die Situation ist wirklich „Henne und Ei“. Laut sparkasse.de würden 70% der Kunden gerne bei der Geldanlage etwas Gutes tun. Wie aber, wenn nicht mal 7% der Kundenberater vernünftige Möglichkeiten anbieten zu können? Das war schon Thema des ersten hier erschienen Blogs Geld anlegen und Gutes tun? – Leichter gesagt als getan. Leider bleiben die kritischen Stimmen bei der deutschen Kreditwirtschaft noch ohne Resonanz, aber das Thema ist in Arbeit Nachhaltige Finanzwirtschaft in Deutschland – einige Beobachtungen und Gedanken und in Europa ist die Entwicklung schon unübersehbar: Nachhaltigkeit auf dem Weg in Rechnungslegung und Regulierung? Scheint gar nicht mehr so weit bis Deutschland…

Nachhaltige Entwicklungsziele vor der Wahl

In Bezug auf alle 17 nachhaltigen Entwicklungsziele stellt das Netzwerk Weitblick BTW17-Spezial: Wie halten es die Parteien mit den SDGsfest: „Trotzdem werden Nachhaltigkeit und die SDGs im Wahlkampf bislang allenfalls am Rande thematisiert.“

Bank für Sozialwirtschaft mit neuem Aktienfonds

Die Bank für Sozialwirtschaft legt einen neuen Fonds auf: BFS Nachhaltigkeitsfonds Aktien I an. Schön, dass die Bank weiter „nachhaltig“ auflegt. Leider läßt die Beschreibung des Fonds nicht nur Gutes erwarten: „Aus den 600 größten europäischen Aktien werden 50 nachhaltige Unternehmen aus der Eurozone mittels eines strikten Selektionsprozesses ausgewählt. Aus diesem Anlageuniversum der 50 werthaltigsten Unternehmen werden nun die 30 Aktien ausgewählt, die unseren Anlegern eine hohe Dividendenerwartung bieten können.“ – Könnte viele Finanzwerte bedeuten und nicht unbedingt Fortschritt. Ähnliche Produkte gibt es leider schon…

Die genaue Fondszusammensetzung wird erst mit dem Verkaufsstart am 2.10.2017 bekannt. Laut BFS ist die Anzahl der Titel pro Branche auf fünf begrenzt. Dies lässt aber immer noch viel Raum für das befürchtete starke Gewicht auf Finanzwerte, da Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistungen als separate Branchen gelten können und zudem noch Immobilienaktiengesellschaften in Betracht kommen.

 

In eigener Sache…

Investabel ist und bleibt natürlich kostenlos. Wenn Sie trotzdem etwas tun möchten, Stimmen für den Publikumspreis beim FinanzblogAward 2017 der comdirect werden natürlich gerne genommen. Zur Abstimmung geht es hier!

 

Inhalte Nummer Eins bis Vier

Nummer Eins am 22.8.2017 mit folgenden Inhalten: GLS Klimafonds, Neue Transparenz für Investmentfonds, erste islamkonforme grüne Anleihe

Nummer Zwei am 25.8.2017: Triodos Bank mit nachhaltigem Wachstum; Rekordquartal für „grüne“ Anleihen; Resilience Bonds; Nachhaltigkeit für US-Aktionäre immer wichtiger; Umfassender Bericht zur Zukunft der Finanzdienstleistungen

Nummer Drei am 29.8.2017: Australischer Versicherer investiert 25% der Nettoprämien wirkungsorientiert; Quirin Privat Bank/Quirion; RegTech gegen Ängste und Aufwendungen

Nummer Vier am 8.9.2017: Zurich Insurance Group hält USD 2 Mrd. Greenbonds; BB Fund – Based Blockchain Fund; Brasilien will bei Green Bonds China und Indien folgen; Deutsche Börse und Rat für Nachhaltige Entwicklung beschließen Kooperation für Nachhaltige Finanzwirtschaft