Nachhaltigkeit in der Geldanlage ist ein sehr gedehnter Begriff. Entsprechend schwierig ist es sich unter den vorhandenen Angeboten zu orientieren. Die nachfolgenden Informationen sollen die Orientierung etwas erleichtern.
Die globalen nachhaltigen Entwicklungsziele „SDG“ (Sustainable Development Goals) bilden sich immer mehr als Leitlinien für zukunftsgerichtete Investmententscheidungen heraus. Zu den 17 Zielen für eine nachhaltige(re) Entwicklung aus der Agenda 2030 ist bei www.bmz.de eine Informationsseite verfügbar.
Dagegen bieten viele Anlagen „nur“ Werte in unterschiedlicher Ausprägung, die aber oft nur rückwärtsgerichtet oder eventuell sogar irreführend sein können. So mag CO2 bzw. der Klima-Fußabdruck als Anlagerichtlinie einleuchten, führt aber nicht zwingend zu einem wirkungsorientierten Ansatz (mehr: Mehr Transparenz bei Investmentfonds).
Einen aktuellen Überblick über ethisch-nachhaltige Geldanlagen bietet praktisch nur das Portal der Verbraucherzentralen: www.geld-bewegt.de. Insbesondere die Verbraucherzentrale Bremen hat seit geraumer Zeit immer wieder wertvolle Informationen zum Thema bereitgestellt und nun auf der neuen Internetseite gebündelt. Hier finden sich auch Angebote lokaler Genossenschaftsbanken und Sparkassen, die teilweise zweckgebundene Sparbriefe anbieten.
Banken mit klarem Versprechen zur Mittelverwendung
In Gruppe von ethisch ausgerichteten Banken arbeitet mit klaren Versprechen, wofür die Kundeneinlagen (nicht) verwendet werden sollen. Es sind dies insbesondere die ökologisch ausgerichteten Institute wie EthikBank, GLS Bank, Triodos Bank und Umweltbank sowie die mit unterschiedlich regionaler Ausrichtung tätigen Kirchenbanken. Einen Überblick über die Gruppe von 14 Kreditinstituten mit Nachhaltigkeitsstandards findet sich bei der Banken- und Produktcheck der Verbraucherzentrale Bremen. Hier finden sich Informationen zu Giro- und Sparkonten und Profile der Banken einschließlich ihrer Nachhaltigkeitsstandards.
Investmentfonds
Die größte Bandbreite von Nachhaltigkeitsverständnissen findet sich bei den Investmentfonds. Die Berücksichtigung von Kriterien bezüglich Umwelt, Sozialem und Unternehmensführung (ESG – Ecology, Social, Governance) ist bei den großen Anbietern Standard. Dagegen streuen die Kriterien für als „nachhaltig“ vermarktete Fonds sehr stark und reichen von einfachen Ausschlüssen (z.B. Personenlandminen, Streumunition) über CO2-Emissionen bis hin zu Wirkungsansprüchen, wobei letzteres eher die Ausnahme darstellt.
Die Mehrheit derart ausgerichteter Fonds könnte ist eher konzipiert, Schlimmeres zu verhindern, weniger dagegen Gutes mit positiven Nachhaltigkeitswirkungen zu finanzieren. Unter den Mischfonds war dieser Anspruch insbesondere beim FairWorldFonds gegeben, der zwischenzeitlich für neue Anleger geschlossen wurde. Bei den Aktienfonds sind wirkungsorientierte Fonds ebenfalls noch die Ausnahme.
Einige Anbieter haben ihre Aktienfonds am Klima-Fussabdruck bzw. den CO2-Emissionen ausgerichtet. Auf den ersten Blick ein gangbarer Weg, leider aber nicht unbedingt mit den gewünschten Ergebnissen, was auch eine Untersuchung der Verbraucherzentrale Bremen zeigt: Namen ähnlich, CO2 unterschiedlich. Die möglichen Irritationen wurden hier einmal in einem anderen Beitrag beleuchtet: Mehr Transparenz bei Investmentfonds.
Für Rentenfonds entwickeln sich neue Möglichkeiten durch das starke Wachstum des Marktes für Anleihen mit Klimabezug (Green Bonds, Climate Bonds): Eisinger, Frederik; Annica Cochu und Rainer Agster 2017: Der deutsche Green Bond Markt – für ein langfristiges Wachstum. Berlin: adelphi. Bei diesen Anleihen ist die Mittelverwendung unmittelbar auf die Reduzierung von CO2-Emissionen gerichtet. Ein Teil dieser Anleihen ist zertifiziert und die tatsächliche Mittelverwendung wird über die Laufzeit überwacht. Leider sind Fonds dieser Art noch weitgehend auf institutionelle Anleger beschränkt. Eine Ausnahme bildet z.B. die Umweltbank mit dem Angebot des SEB Green Bond Fonds.
Union Investment mit neuem Angebot ab 2019
Die Union Investment folgt dem Trend nachhaltiger Geldanlagen mit einem neuen Anlageangebot für Privatanleger: Multi-Asset-Lösung PrivatFonds: Nachhaltig.
Beschreibung laut Pressemitteilung vom 2.1.2019: „Die Besonderheit des Fonds liegt darin, dass der Nachhaltigkeitsansatz von Union Investment erstmalig in einer Multi-Asset-Lösung zum Einsatz kommt. Das heißt, der nachhaltige Investmentprozess wird über die verschiedenen Anlageklassen und Anlageinstrumente angewandt. Zunächst werden Unternehmen, Staaten, Fonds, Derivate und ETFs einer umfassenden Nachhaltigkeitsanalyse und -bewertung unterzogen. Dabei werden auch Ausschlussregeln berücksichtigt. Das Fondsmanagement ermittelt für die einzelnen Anlageinstrumente jeweils das Nachhaltigkeitsrating (ESG-Score). Dieses Rating basiert auf unabhängigen Daten von auf Nachhaltigkeit spezialisierten Ratingagenturen und gibt Auskunft darüber, wie nachhaltig beispielsweise ein Unternehmen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung agiert. Auch das Geschäftsmodell wird dabei mit einbezogen.“
Es handelt sich damit zwar „nur“ um einen ESG-Ansatz, aber nachhaltige Geldanlagen werden weiter in die Breite getragen. Davon war in den Primärbanken der Genossenschaftsgruppe bisher allerdings nur wenig zu vermerken. Leider wurde der Mindesanlagebetrag mit € 10.000 relativ hoch angesetzt. Allerdings können darüber hinaus bereits € 25 monatlich angespart werden und ein Ausgabeaufschlag wird derzeit nicht erhoben. Mehr in der Produktbrochüre.
SRI, ESG, SDGs – Etwas Entwirrung
Nachhaltige Anlageangebote haben ein weites Spektrum und z.T. erheblich abweichende Interpretationen von Nachhaltigkeit. Für interessierte Privatanleger ist diese Vielfalt ebenso verwirrend wie Finanzjournalisten, so dass deren Beiträge meist auch nicht besonders erhellend und damit hilfreich sind. Insofern bietet der im Portal justETF erschienene Beitrag eine Ausnahme: Dominique Riedel: Nachhaltige ETF-Portfolios zum Selberbauen, 9.12.2018. Der Beitrag stellt übersichtlich die Gemeinsamkeiten der häufigsten Abkürzungen SRI (=socially responsible investments/sozial verantwortliche Investments) und ESG (environment, social, governance/Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) zusammen. Seltener ist „SDGs“ für die 17 nachhaltigen Entwicklungsziele (sustainable development goals) der Vereinten Nationen.
ETFs nach SRI- und ESG-Kriterien bieten zwar eher eine schwächere Ausprägung von Nachhaltigkeit, aber sie ermöglichen es bei geringen Kosten und hohem Grad an Streuung mit einem besseren Gewissen anzulegen. Hierbei sind die Ausführungen von Frau Riedel sehr hilfreich. In beiden Kategorien ist es bei einem stetig steigenden Angebot (vgl. u.a. Nummer Einundsechzig) global oder auch regional zu investieren. Dabei werden die Informationen von einem gesunden Grundgedanken geleitet:
„Jeder Mensch definiert nach den eigenen Erfahrungen und Einschätzungen, was für ihn „nachhaltig” oder „ethisch” bedeutet. Genau so ist es mit den unterschiedlichen Index-Regelwerken im Bereich des nachhaltigen Investierens, auf denen ETFs basieren.“
Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Index-Familien im Überblick
Merkmal | MSCI SRI-Reihe | MSCI ESG Screened-Reihe |
---|---|---|
Aufgenommene Unternehmen | die nach ESG-Kriterien besten 25% jedes Sektors; bestimmte Sektoren werden ausgeschlossen (siehe unten) | bestimmte Sektoren werden ausgeschlossen (siehe unten); keine Berücksichtigung von ESG-Ratings |
Gewichtung | Marktkapitalisierung | Marktkapitalisierung |
Marktabdeckung | eher gering durch Ausschluss von 75% der Unternehmen | eher hoch, da nur bestimmte Sektoren ausgeschlossen werden (ohne Berücksichtigung des ESG-Ratings) |
Tracking Error | potenziell höher durch geringere Marktabdeckung | potenziell geringer durch höhere Marktabdeckung |
Kosten | i. d. R. höher als Mutterindex wegen Research-Kosten für SRI-Rating | sehr ähnlich zum Mutterindex wegen minimaler Research-Kosten für einfachen Filteransatz |
Modifikationen | MSCI SRI 5% Capped MSCI Select ESG and Trend Leaders |
bisher keine |
ETF-Portfolios | Nachhaltigkeit SRI Global BIP Nachhaltigkeit SRI Regionen BIP |
Nachhaltigkeit ESG Screened Global BIP Nachhaltigkeit ESG Screened Regionen BIP |
Neuer Fonds auf nachhaltige Fremdkapitalfinanzierungen
Produkte mit einer Orientierung an den SDGs bilden bisher die Ausnahme. Allerdings nimmt zumindest für institutionelle Anleger das Angebot weiter zu. Der NN (L) European Sustainable Infrastructure Debt Fonds, der am 15. November 2018 aufgelegt wurde, erweitert die nachhaltige Produktpalette von NN Investment Partners (NN IP) und erfüllt die steigende Nachfrage Institutioneller nach Investitionen in Sachwerte.
„Der neue Fonds zielt darauf ab, ein diversifiziertes Portfolio aus europäischen Infrastrukturfinanzierungen aufzubauen, die einem Investment-Grade-Rating entsprechen und aus fünf Sektoren bestehen. Dazu zählen soziale Infrastruktur, alternative Energie, nachhaltiger Transport und Wasser- und Abfallwirtschaft sowie digitale Infrastruktur. Die geringe Korrelation von Infrastrukturanlagen mit den Konjunkturzyklen ist besonders für langfristige Investoren reizvoll, die ihre Portfolios diversifizieren, ihre Verbindlichkeiten matchen und solide Erträge erzielen möchten. NN IP nutzt mit dem neuen Fonds seine langjährige Erfahrung am Infrastrukturmarkt und hat seine Strategie weiterentwickelt, um sich auf Infrastrukturanlagen zu konzentrieren, die eine messbare Wirkung, einen Impact auf Gesellschaft und Umwelt haben, ohne die finanziellen Erträge zu vernachlässigen. … Der Fonds strebt eine jährliche Bruttorendite von 3-4% und eine Duration von 12-15 Jahren an.“ Quelle: NN investment partners (DE)
Onlineangebote mit Nachhaltigkeitsfokus
Unter den Banken mit Nachhaltigkeitsstandards finden sich auch Onlineangebote wie bei EthikBank, GLS Bank, Triodos Bank und Umweltbank sowie den Kirchenbanken. Überblick über die Gruppe von 14 Kreditinstituten mit Nachhaltigkeitsstandards: Verbraucherzentrale Bremen.
Unter den Onlinebanken haben zuletzt die Consorsbank (vgl. auch Nachhaltigere Finanzwirtschaft – Nummer Achtzehn) sowie ING DiBa (vgl. ING-DiBa bietet verantwortungsbewusste Investments für alle) Nachhaltigkeitsthemen für private Kunden prominent in den Vordergrund gestellt.
Unter den Onlineanbietern von Vermögensberatung und -verwaltung bilden Anlagevarianten mit nachhaltiger bzw. „grüner“ Ausrichtung erstaunlicherweise ebenfalls die Ausnahme, z.B. bei investify (Ethisches Investieren) und VisualVest (GreenFolios). Dies ist zu einem erheblichen Anteil wohl auch der wenigen überzeugenden Fondskonzepte (s.o.) geschuldet.
Umweltinvestments
Vorwiegend über Finanzvermittler vertriebene direkte Umweltinvestments stehen in dem Ruf riskant(er) und teilweise zweifelhaft zu sein: https://www.geld-bewegt.de/riskante-umwelt-investments. Unmittelbare Anlagen sind bei den Banken eher die Ausnahme, z.B. das bei der GLS Bank angebotene Darlehen für den Kraftwerkspark III. Direktinvestments haben überwiegend den Nachteil relativ hoher Mindestanlagebeträge, z.B. € 5.000.
Niedrigere Anlagebeträge allerdings in Verbindung mit teilweise sehr langen Anlagezeiträumen bieten z.B. Direktanlagen in Wald und Kakao. Bei manchen Anbietern auch mit der Möglichkeit eines Sparplans ab € 38 monatlich oder eines Geschenkgutscheins bereits ab €9,99 wie z.B. bei der 1995 gegründeten ForestFinance (gesponserter Link). Investiert wird vorwiegend in Wald sowie Kakaoanbau in Panama, Kolumbien, Peru und Vietnam. Teilweise werden die Produkte importiert und können ebenso wie die Anlagen gekauft und verschenkt werden (geponserter Linke): https://www.forestfinance.de/schenken/.
Crowdinvestment als Alternative
Dies ist bei den Anbietern von Crowdfinanzierungen (Schwarmfinanzierung) nicht der Fall. Dort können teilweise schon Anlagen ab € 50 bis zur gesetzlichen Höchstgrenze von € 10.000 gezeichnet werden, zumeist als nachrangige Darlehen. Aufgrund fehlender Erfahrungswerte über die Planmäßigkeit von Zins- und Tilgungszahlungen weist die Verbraucherzentrale berechtigterweise auf die Risiken hin: Nachhaltig investieren mit der Crowd.
Andererseits haben diese Anlagen klare Vorteile, das sie einen unmittelbaren Wirkungsbezug haben, der beispielsweise in der Reduzierung des CO2-Ausstosses, sozialer Infrastruktur oder aber der dezentralen Stromversorgung in Entwicklungsländern. Damit entsprechen die Anlageangebote vielfach dem Wunsch einen unmittelbaren Beitrag zur nachhaltige(re)n Entwicklung im Sinne der 17 SDG zu leisten. Zudem erlauben die niedrigen Mindestbeträge ein deutlich höheres Ausmaß an Diversifikation, die naturgemäß aber mehr Mühe bereitet.
Am 24.7.2018 um 10h startete die GLS Crowd mit der Platzierung eines mit 7 % verzinsten fünfjährigen Darlehens über € 550.000 für eine innovative Speicherung erneuerbarer Energien. Bei Zeichnungsbeträgen zwischen € 250 und € 10.000 war das Volumen innerhalb von knapp drei Stunden erreicht. Interessenten sind offenbar stärker an Projekten mit Energiebezug als anderen Nachhaltigkeitsaspekten interessiert. So dauert die Vermarktung von Projekten im Handels- oder Ernährungsbereich deutlich länger. EXYTRON Innovative Energiespeicher vermochte trotz der technischen Komplexität mit der Projektbeschreibung schnell zu überzeugen.
Neben Energie können auch Immobilien mit sozialen Nutzen in Betracht gezogen werden: Einige Anbieter haben Objekte wie Kindertagesstätten, Pflegeheime, Universitätsgebäude etc. im Programm. Auch Finanzierungen zur energetischen Sanierung von Gebäuden finden sich unter den Angeboten. Bei den hochverzinslichen Angeboten (z.B. www.zinsland.de) handelt es sich teilweise um die Finanzierung der Projektphase, nicht des Objekts selbst. Insofern signalisiert die vergleichsweise hohe Rendite auch das vorhandene (Projekt-)Risiko.
Ein hoher möglicher Nutzen für die globale nachhaltige Entwicklung kann mit Wasser- und Energieprojekten in Entwicklungsländern entstehen, da im Beispiel der dezentralen Energieerzugung neben einer CO2-Einsparung auch weitere soziale Ziele erfüllt werden können, z.B. Armutsbekämpfung durch neue Möglichkeiten der Einkommenserzielung und Bildung durch die Nutzung elektronischer Medien. Gerade in Afrika wird auf der Grundlage von Mobilfunk z.T. ein Jahrhunderte alter Rückstand in der Infrastruktur einfach übersprungen. Solche Projektbeteiligungen werden beispielsweise von bettervest und ecoligo angeboten. Mehr: Neue Produkte/Dienstleistungen.
Die teilweise üppigen Zinssätze lassen in jedem Fall zu Vorsicht raten. Diversifikation bereitet zwar mehr Mühe, kann aber die Risiken deutlich vermindern, was bei kleinen Zeichnungsbeträgen durchaus möglich ist.
Der Hinweis der Verbraucherzentrale auf die Risiken ist vor allem nach einem Projektausfall in Deutschland und der Insolvenz eines Plattformbetreibers sehr berechtigt.
Insbesondere Projekte in Afrika könnten in einem gewissen Umfang auch als Alternative zu Spenden mit der Perspektive auf eine attraktive Verzinsung im Bereich von 7% und mehr und Rückzahlung betrachtet werden. Allerdings trifft für die Angebote auch der bei Spendenaktionen vielfach geltende Einwand zu, dass die Mittel nicht voll für die Zwecke, sondern auch in Verwaltungsaufwendungen etc. fließen, da die Plattformbetreiber eine Vergütung erhalten. Mehr zu aktuellen Angeboten auf der Seite Neue Produkte/Dienstleistungen.
Weiterer Artikel: Nachhaltige Crowdfundings 6.11.2018