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Am 21.11.2017 lud HSBC Interessenten zu einem der „Sustainable Finance Briefings 2017“ nach Düsseldorf ein. In einem dichten vierstündigen Programm wurde Nachhaltigkeit in der Finanzwirtschaft aus Sicht der Bank, Emittenten und Investoren beleuchtet. Ganz im Gegensatz zum Eindruck von der Realität im größten Teil der deutschen Kreditwirtschaft wurde deutlich: Klimawandel und die Finanzierung nachhaltiger Entwicklung sind aktuell bereits Kernthemen der Finanzwirtschaft, denen sich kein Unternehmen der Bank- oder Versicherungsbranche entziehen kann.

Infografik: HSBC

22. November 2017

Dr. Ralf Breuer

Klimawandel und Nachhaltigkeit im Rampenlicht

Bei HSBC liegen die Strategieentwicklung und Nachhaltigkeit in einer gemeinsamen Verantwortung unter der Leitung von Daniel Klier. Er machte in 45 Minuten eindringlich deutlich, wie stark die Bank sich mit Nachhaltigkeitsthemen auseinander setzt und auseinander setzen muss, um das eigene Überleben zu sichern. Allein der Blick auf den Energiewandel zeigte, dass Banken auf Sicht von 10 bis 15 Jahren beträchtlichen Risiken ausgesetzt sein können, wenn sie die Abkehr von fossilen Brennstoffen nicht in ihrer Risikopolitik berücksichtigen.

Durch die gestiegene Wettbewerbsfähigkeit erneuerbarer Energien werden nicht nur in der Stromerzeugung, sonder in vielen Bereichen aktuelle Technologien obsolet. So sind nicht nur Kohle- und Gaskraftwerke betroffen, sondern z.B. auch ganze Industriezweige wie Automobilzulieferer ohne Komponenten für Elektrofahrzeuge.

Neben den geschäftlichen Risiken bietet der Energiewandel auch beträchtliche Chancen, z.B. in den Bereichen energetisches Bauen, Transport sowie Energieerzeugung und deren Verteilung.verteilung.

Klares Pflichtenheft für die Bank

Als global positionierte Bank hat HSBC vor allem auch die Veränderungen der Infrastruktur insbesondere in Asien im Blick. In der klaren Erkenntnis, dass Nachhaltigkeitsthemen und ganz besonders der Klimawandel nicht nur wichtige, sondern auch dringende Themen für eine Bank sind, hat HSBC am 6. November 2017 sein „Pflichtenheft“ erneuert und mit neuen Ambitionen versehen: HSBC makes new sustainability pledges.

  • Bis 2025 werden USD 100 Mrd. für nachhaltige Finanzierung und Investitionen bereitgestellt
  • Bis 2030 sollen erneuerbare Energien den Gesamtbedarf des Konzerns decken, bis 2025 90%
  • Risiken in den Bereichen Gewinnung und Verbrennung von Kohle sollen abgebaut werden, der Energiewandel in anderen betroffenen Industriebereichen  wird aktiv begleitet und gestaltet.
  • Die Empfehlungen der vom Financial Stability Board eingesetzten Arbeitsgruppe zur Berichterstattung über klimabedingte Risiken (Task Force on Climate-Related Financial Disclores TCFD) werden übernommen und ihre Umsetzung in den beiden kommenden Geschäftsberichten präzisiert
  • HSBC will sich maßgeblich die Diskussionen um eine nachhaltigere Finanzwirtschaft einbringen, insbesondere bei der Entwicklung von Branchenstandards

Als Kernaufgaben der Banken wird die Schaffung liquider Investmentmärkte, die Verminderung der Risiken aus dem Energiewandel sowie eine Erhöhung der Transparenz gesehen. Nicht zuletzt aufgrund der Komplexität und Wechselwirkung zwischen den globalen nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) sind Maßstäbe für den Fortschritt dringend notwendig.

Nachhaltigkeit im Blick  von Investoren und Emittenten

In unterschiedlich besetzten Diskussionsrunden wurde der Stand nachhaltiger Aspekte in Finanzwirtschaft aufgenommen und diskutiert. Während institutionelle Anleger bereits eine starke Orientierung in Richtung Nachhaltigkeit vorgenommen haben, mangelt es insbesondere für Privatanleger an Standards.

Am Beispiel des stark wachsenden Marktes für Anleihen mit Klimabezug und ganz besonders für die zertifizierten „Green Bonds“ wurde deutlich, wie eine Transparenz und allgemein gültige Regeln die Marktentwicklung fördern bzw. ihr Fehlen hindert. Insofern besteht die Hoffnung, dass sich auch Grundlagen für andere nachhaltige Entwicklungsziele entwickeln lassen, um mehr privates (insbesondere institutionelles) Kapital zu mobilisieren.

Mehr Nachhaltigkeit in der Finanzwirtschaft erfordert unmittelbar die Beteiligung des Gesetzgebers, insbesondere in Hinblick auf eine angepasste Rechnungslegung und auch die Finanzaufsicht. Eine ganze Reihe von Initiativen weist bereits in diese Richtung und es stellt sich weniger die Frage ob, sondern eher wie rasch hier zielgerichtete Veränderungen erfolgen werden. (Mehr hierzu im Bericht zum Sustainable Finance Gipfel Deutschland sowie verschiedene Ausgaben Nachhaltigere Finanzwirtschaft, insbesondere Nummer Zwölf).

ESG ist noch nicht nachhaltig genug

In der Finanzbranche und insbesondere im Fondsgeschäft ist die Berücksichtigung von Kriterien aus den Bereichen Ökologie, Soziales und Unternehmensführung (ESG) bereits weitgehend gängige Praxis. In der Schlussrunde riss Ralf Frank, Geschäftsführer und Generalsekretär der DVFA (Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management), die Frage auf, ob damit bereits hinreichende Voraussetzungen für die Verfolgung nachhaltiger Ziele gegeben seien.

Es wurde deutlich, dass die (rückblickend) angewandten Standards, z.B. auf der Basis externer Ratings nicht hinreichend sein können. Vielmehr sollten sich Investoren unmittelbarer an den nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) orientieren. Dabei darf der Blick auch nicht zu stark auf ein einziges Ziel wie die Bekämpfung des Klimawandels verengt werden. Damit können u.a. auch weitere Investitionsmöglichkeiten erschlossen werden, um weiteres, dringend notwendiges privates Kapital für Nachhaltigkeit zu mobilisieren.